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Wissenschaftliche Studien – Studie No. 4

Vitamin-D-Substitution

ist als gesundheitsförderliche Maßnahme
nach wie vor nicht nur unter Experten umstritten,
sondern bis heute wissenschaftlich überhaupt nicht belegt und damit

als Prävention völlig unnötig.

Kommentar als Einleitung:

Dieser Text zu Vitamin-D und zur Sinnfälligkeit einer täglichen Ergänzung mittels Präparaten basiert auf mehreren Studien – weswegen der Titel des Textes der „Wissenschaftlichen Studie-No. 3“ meine eigene wissenschaftliche Interpretation der nachfolgenden Studien widerspiegelt.
Mir liegt die Problematik des Vitamin-D und seiner (leider) weit verbreiteten therapeutischen Anwendung sehr am Herzen, weil zu diesem Thema Wahrheiten, Halbwahrheiten, Unwahrheiten und sogar kompletter biochemischer Unsinn Hand in Hand gehen – die ein Laie kaum oder überhaupt nicht durchschauen kann.

Was sind nun Tatsachen – also „wirkliche Wahrheiten“ – die man in jedem seriösen Lehrbuch nachlesen kann:

  • Vitamin-D ist (überhaupt) kein Vitamin – also kein lebensnotwendiger Vitalstoff, der dem Körper ständig zugeführt werden muss – sondern ein Hormon.
  • Hormone, so eben auch Vitamin-D, sind Substanzen, die das Nervensystem „losschickt“ – in der Blutbahn zirkulieren lässt – um Stoffwechselwege zu optimieren.
  • Jeder Eingriff in hormonelle Regelkreise (Gabe von Vitamin-D: die Menge in der Blutbahn wird gesteigert) bedeutet, dass die vom Organismus angestrebte Normalisierung und Optimierung von Stoffwechselwegen potenziell reduziert oder gar unterbunden wird.

Daraus resultieren unweigerlich Fragen:

  • Sind Therapeuten mit Labormessungen (Menge von Vitamin-D im Blut) und dem Anstreben von  Normwerten – wie auch immer die entstanden sein mögen – wirklich schlauer als der Organismus selber?
  • Vergessen Therapeuten bei aller gut gemeinter „Korrektur“ der Verhältnisse in der Blutbahn nicht dabeidass jeder Eingriff in einen(!) hormonellen Regelkreis immer Konsequenzen für alle(!) hormonellen Regelkreise hat?
  • Ist es nicht sinnvoller (und vor allem für die Gesundheit der Menschen „zielführender“), nach den Ursachen und eventuellen Überforderungen im/am Organismus zu suchen und sie zu korrigieren – in dessen Folge der Körper den Vitamin-D-Spiegel selber normalisiert?

Ein Zitat benennt die therapeutische Tragik falscher Interpretationen von Labordaten:
Die meisten Ärzte verlassen die Universität mit der Gewissheit,
den menschlichen Körper als etwas zu betrachten,
das immer reparaturbedürftig ist
wie ein mangelhaft konstruiertes und schlecht gebautes Auto,
das zwangsläufig kaputt geht.

Dr. med. Garth Davis, ehemaliger Adipositaschirurg, jetzt Ernährungsmediziner, in seinem Buch
„Protein-Aholic – Wie unsere Fleischsucht uns umbringt und was wir dagegen tun können“

Literaturnachweis der Studien:

Studie 1
Screening for Vitamin-D deficiency in adults: US Preventive Service Task Force Recommendation statement.
US Preventive Service Task Force

JAMA 325 (2021), 14: 1436-1442 ff.
Übertragung des Titels ins Deutsche: 
Screening auf einen Vitamin-D-Mangel bei Erwachsenen:
US Präventiv Service Task Force – Empfehlungserklärung.

Studie 2
Association between Vitamin D supplementation and mortality in critical ill patients: a systematic review and meta-analysis of randomized clinical trials.
L. Peng et al
PLOS ONE, December 14, 2020 / https://doi.org/10.1371/journal.pone.0243768
Übertragung des Titels ins Deutsche: 
Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Supplementierung und Mortalität („Sterblichkeit“) bei kritisch kranken Patienten:
systematische Übersicht und Meta-Analyse von randomisierten klinischen Studien.

Studie 3
Vitamin D Supplementation and Risk of Toxicity in Pediatrics: A Review of Current Literature.
M.G. Vogiatzi et al – and Therapeutic Committee of The Pediatric Endocrine Society
J Clin Endocrinol Metab, April 2014, 99(4):1132–114
Übertragung des Titels ins Deutsche: 
Vitamin-D-Supplementierung und Toxizitätsrisiko in der Pädiatrie („Kinderheilkunde“):
Eine Übersicht über die aktuelle Literatur.

Konkreter Inhalt und Hauptaussagen der einzelnen Studien:

Studie 1

  • Die Empfehlungen der US Präventiv Service Task Force beruhen auf der Auswertung von 46 randomisierten und kontrollierten Studien mit einer Teilnehmerzahl von 16.205 Probanden: die Ergebnisse der Studien wurden in 77 wissenschaftlichen Artikeln publiziert.
    Hauptaussage aller Publikationen:
    Es konnte kein Nutzen einer präventiven Vitamin-D-Gabe für die Erhaltung oder Wiederherstellung von Gesundheit gezeigt werden!
    Das sollte jeder Leser erst einmal „sacken“ lassen.
    Mit anderen Worten heißt das:
    Der medizinische Nutzen einer Vitamin-D-Prävention zur Erhaltung von Gesundheit und Verhinderung von chronischen Erkrankungen (nahezu jeder Art?) ist gleich Null.
    Wenn man dann etwas „Plattes“ daraus ableiten will, könnte man ausgehend von dieser Aussage sagen: Vitamin-D-Substitution ist aus wissenschaftlicher Sicht unnötig.
  • Es gibt keinerlei wissenschaftliche Belege dafür, dass durch dauerhafte Substitution von Vitamin-D ein Schutz vor chronischen Erkrankungen gewährleistet wird.
    Für Folgendes ist das nach Aussage der Autoren der Fall:
    • Frakturen nach Stürzen
    • (spontane) Knochenbrüche
    • Diabetes
    • Thromboembolien
    • Lungenembolien
    • Entzündliche Erkrankungen des Herzens
    • Arrhythmien
    • Depressionen
    • Infektionen
    • Krebs
    • frühzeitigem Versterben
      Für eine Empfehlung der präventiven Gabe von Vitamin D als gesundheitsförderliche Maßnahme gibt es weder wissenschaftlich gesicherten Daten noch seriöse Studien.
  • Eine grundlegende Frage betrifft die Diagnostik von Vitamin-D-Spiegeln.
    !st 25-OH-Vit-D als Parameter zur Einschätzung des Vitamin-D-Stoffwechsels geeignet?
    25-OH-Vit-D ist die inaktive Vorstufe des Hormons 1,25-Di-OH-Vit-D, wobei letzteres eine 100-fach stärkere Wirkung hat. Die Verwendung als Parameter in der Diagnostik verdankt 25-OH-Vit-D nur dem Umstand, dass seine Konzentration weniger Schwankungen unterliegt als das wirklich potente, 100-fach wirksamere Hormon 1,25-Di-OH-Vit-D – weswegen sich das 25-OH-Vit-D besser für Statistiken eignet.
    Über die wirklichen biologischen Konsequenzen für den Organismus sagt eine Statistik – Konzentration von 25-OH-Vit-D – in diesem Fall wenig oder gar nichts aus.
    (Interessant ist hierbei: die Bestimmung des biologisch weniger relvanten Hormons 25-OH-Vit-D wird von den Kassen erstattet, die Bestimmung des biologisch relevanten Hormons 1,25-Di-OH-Vit-D müssen Patienten aus eigner Tasche bezahlen – warum auch immer.)
  • Eine wichtige Frage betrifft die Festlegung des Normwertes.
    Es gibt keine seriösen, wissenschaftlich nachvollziehbaren Studien, die die Sinnfälligkeit der momentan gültigen und allgemein akzeptierten Normwertgrenzen belegen.
  • Fazit.
    Alle ernst zu nehmenden wissenschaftlichen Studien lassen bis heute (2021) keine sinnvollen Empfehlungen hinsichtlich folgender Fakten zu:
    • Normwerte
    • Notwendigkeit von Substitutionen
    • Geeignete Parameter zur Einschätzung des Vitamin-D-Stoffwechsels
      Weitere Forschung ist unerlässlich: bis zur Klärung der meisten Fragen sollte man als Therapeut auf die Substitutionen verzichten und besser nach Ursachen für Symptome oder Abweichungen von der vermeintlichen Norm suchen.

Deswegen nimmt die US Präventiv Service Task Force Abstand von der bisherigen Empfehlung einer Substitution von Vitamin-D und empfiehlt bis zur endgültigen Klärung aller wissenschaftlichen Sachverhalte und Unklarheiten auf eine Substitution von Vitamin-D zur Prävention von chronischen Erkrankungen zu verzichten.

Studie 2

  • Die Resultate der vorliegenden Meta-Analyse beruhen auf der Auswertung von 9 Studien mit insgesamt 2066 Patienten: „Meta-Analysen“ fassen Ergebnisse von Studien zusammen.
    Mit der vorliegenden Meta-Analyse wurde überprüft, ob die Normalisierung des Spiegels von 25-OH-Vit-D im Blut von schwerkranken Patienten mit einem weniger schweren Krankheitsverlauf verbunden war.
  • Die Beobachtungszeiträume, in denen bei schwerkranken Patienten Substitutionen mit Vitamin-D Anwendung fanden, waren 30, 90 und 180 Tage – in der Hoffnung, den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen.
  • Hauptaussage, die sich aus allen 9 Studien ergibt:
    Eine Vitamin-D-Supplementierung war nicht mit einer reduzierten Gesamtmortalität bei kritisch kranken Patienten verbunden!
    Auch das sollte wiederum jeder, der das liest, erneut einmal „sacken lassen“.
    Wenn man wiederum „Plattes“ ableiten will, müsste man provokant sagen:

    Vitamin-D-Substitution bei schwerkranken Menschen als hilfreiche Maßnahme anzuwenden, ist ein hilfloser Versuch, therapeutische Kompetenz zu dokumentieren.
  • Weitere Erkenntnisse aus der Studie: Es gab keine positiven Veränderungen hinsichtlich
    • Länge des Krankenhausaufenthaltes.
    • Länge und Intensität einer notwendigen Beatmung.
    • Länge und Intensität der intensiv-medizinischen Betreuung.
  • Fazit.
    Weitere Forschung ist unerlässlich: bis zur Klärung der offene Fragen sollte man auf die Substitutionen verzichten und besser nach Ursachen für Symptome suchen.

Studie 3

  • Die Resultate der vorliegenden Publikation spiegeln eine ausführliche Recherche von Publikationen im Jahr 2013 wieder. Das Ziel der Suche könnte so formuliert werden:
    Vit-D-Prävention und/oder Substitution in der Kinderheilkunde: Sinnfälligkeit der Anwendung und Gefahren einer Toxizität von Vitamin-D-Gaben.“
    Gesucht wurde dabei auf „PubMed“ mit folgenden Schlagwörtern:
    „vitamin D excess“ / „vitamin D intoxication“ / „hypervitaminosis“ / „vitamin D trial and children” / „vitamin D and hypercalcemia“ / „vitamin D and hypercalciuria“ / „calcitriol and intoxication“ / „calcitriol and hypercalcemia”
  • Bei der Recherche wurde festgestellt, dass die Empfehlungen für Säuglinge, Kleinkinder und Schulkinder nicht einheitlich sind und noch erheblicher Forschungsbedarf besteht. Normwerte und Dosierungsgrenzen sind den Parametern für Erwachsene entlehnt und bislang nicht gründlich geklärt – hinsichtlich Normwerten, Dosisgrenzen und Toxizität.
    Deshalb sollte Vitamin-D in der Kinderheilkunde nur im Fall von definitiv bestätigten Krankheit(en) verordnet und eingenommen werden.
  • Bei Kindern besteht viel häufiger als bei Erwachsenen die Gefahr von Überdosierung mit den damit verbundenen Schäden. Dazu gehören 
    • Hyperkalzämie = hohe Kalziumkonzentration im Blut
      Daraus können Verkalkungen in allen Organen und auch in den Gefäßen entstehen.
    • Appetitlosigkeit
    • Gewichtsverlust
    • (unspezifische) Bauchschmerzen
    • Erbrechen
    • Verstopfung
    • Polyurie (zu hoher Wasserverlust über die Niere)
    • Polydipsie (stark vermehrter Durst)
    • lebensbedrohliche Dehydrierung (Entwässerung des ganzen Organismus)
  • Da die Zeichen einer Hyperkalzämie unspezifisch sind, können diesbezügliche Symptome über einen längeren Zeitraum nicht bemerkt werden und ärztliche Behandlung erst mit erheblicher Verspätung erfolgen – wobei dann schon nicht umkehrbare Schäden entstanden sein können.
    Durch eine langandauernde erhöhte Kalziumausscheidung über die Niere kann es zu Kalziumablagerungen (Kalziumsteine) in der gesamten Niere kommen, was zu unumkehrbaren Nierenschäden führen kann – bereits im Kindesalter.
    Da bei Kindern die Höchstgrenzen einer durch Vitamin-D induzierten Kalziumausscheidung in der Niere völlig unbekannt sind, sollte man bei einer präventiven, nicht krankheitsbedingten Gabe von Vitamin-D bei Kindern auf jeden Fall sorgsam sein und eher darauf verzichten. 
  • Fazit.
    Weitere Forschung ist unerlässlich: bis zur Klärung der offene Fragen sollte man auf die Substitutionen verzichten und besser nach Ursachen für Symptome suchen.

Ernährung heilt – Empfehlungen für eine gesunde Zukunft

Grundsätzliches

  1. Vitamin-D ist keine Vitalsubstanz wie alle wirklichen Vitamine, sondern ein Hormon.
  2. In der Wissenschaft ist deswegen auch prinzipiell von „D-Hormonen“ die Rede – und schon lange nicht mehr von „D-Vitamin“ – was man in seriösen Lehrbüchern lesen kann.
  3. Die Menge der in der Blutbahn zirkulierenden Hormone legt der Körper in eigner, sinnvoller Zuständigkeit fest – um im Interesse der Gesundheit Stoffwechselprozesse zu optimieren.
  4. Für eine Bereitstellung der D-Hormone sind die Bedingungen an den „Entstehungsorten“ (Syntheseorte) der D-Hormone von Bedeutung: Leber, Haut, Niere.
  5. Je gesünder Zellen in Leber, Haut und Niere sind, umso besser ist die Verfügbarkeit der D-Hormone – umso ausgeglichener ist der Gesundheitsstatus des Organismus.

Für die Bereitstellung der D-Hormone kann man sehr viel selber tun.

  • Achten Sie darauf, dass Ihre Leber einigermaßen leistungsfähig, also gesund ist.
  • Achten Sie darauf, dass Ihre Nieren ebenso wie die Leber einigermaßen gesund sind.
  • Halten Sie sich bei Tageslicht einmal pro Tag wenigstens 15 Minuten im Freien auf.
  • Bewegen Sie sich moderat an der frischen Luft – pro Tag wenigsten eine Stunde.
  • Ernähren Sie sich vollwertig mit hochwertigen „Lebens“-Mitteln – „Mitteln“ zum Leben.

Und wenn Sie glauben,

  • unbedingt Informationen über die Effektivität Ihres D-Hormonsystems haben zu müssen, dann lassen Sie die Komponente bestimmen, die eine wissenschaftliche Aussage zulässt: 
    den Laborwert „1,25-(OH)-VitD3, also die aktive Form des Hormons.
    Damit haben Sie die richtige Information, ob Ihr Körper mit seinem Hormonsystem unter den gegenwärtigen Bedingungen das Richtige macht: Gesundheit „herstellen“.
  • dass die bloße Bestimmung der viel weniger aktiven Komponente („25-(OH)-VitD3“) eine Aussage zulässt wie „…Sie haben einen Mangel“ – kann ich Sie beruhigen:
    eine solche Aussage grenzt eher an Kaffeesatzleserei, als dass man mit diesem einzigen Wert eine fundierte wissenschaftliche Aussage über den jetzigen und künftigen Gesundheitsstatus Ihres Organismus treffen kann.

Biochemie ist eben leider nicht jedermanns Sache

weil möglicherweise einige Therapeuten im Rahmen ihrer Ausbildung
die Biochemie lediglich „über sich ergehen ließen“.


 Sapere Aude!
Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.
nach Horaz

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