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Wissenschaftliches Tagebuch – Text No. 2: Fasten – Teil 1

Fasten als alljährliche „Saisonware“ hält auch im Jahr 2021 verlässlich Einzug in das Leben der Menschen in den entwickelten Industriestaaten

Mit den guten Vorsätzen der ersten Tage jedes neuen Jahres verbinden Menschen die Motivation und die Hoffnung, mit Fasten ihren Gesundheitszustand zu bessern.
Einem grundsätzlichen Problem – die (viel) zu vielen Pfunde – versuchen die meisten, mit „Fasten“ zu Leibe zu rücken. Die damit verbundene Hoffnung, dass weniger „oben reinstopfen“ zu „weniger auf der Hüfte führt“, ist leider eine trügerische, denn:

Kalorienrestriktion als alleinige Methode für eine Gewichtsnormalisierung
hat noch nie einen langfristigen Effekt zur Folge gehabt.

Im Gegenteil: durch den bei bloßer Kalorienzählerei im Nachgang fast immer auftretenden „Jo-Jo-Effekt“ (wenige Wochen nach Beendigung der Fastenperiode sind nicht nur die Kilo wieder drauf – nein, der Körper beugt einer nächsten Fastenperiode mit der Einlagerung zusätzlicher Kilo vor) nimmt die Frustration auch im aktuellen Jahr ihren Lauf.
Nicht wenige motivierte Zeitgenossen bringen ab einem gewissen Alter viele Jahre, teilweise Jahrzehnte damit zu, dem Problem „Optimalfigur“ endlich Herr zu werden. Da die meisten dieser wirklich hochmotivierten „Betroffenen“ als einzige Methode das Kalorienzählen verlässlich beibehalten, haben einige findige (besser wäre: „windige“) Unternehmer aus der „Methode Bloßes Kalorienzählen“ eine profitable Marke gemacht, die sich weltweit seit Jahren immer wieder glänzend und vor allem glänzend verkauft. (Wenn ich lese, dass dieses Unternehmen als „Aktiengesellschaft“ (!) sich verlässlich um die Gesundheit der Menschen kümmert, komme ich vor Lachen kaum in den Schlaf.)
Und damit wäre „Fasten als sinnvolle Methode für eine Gewichtsnormalisierung “ für eine sinnvolle wissenschaftliche Auseinandersetzung erledigt.

Aber – nicht mit mir.

Dem Fasten als eine der ältesten, nachhaltigsten und vor allem einfachsten Methoden für die Erhaltung und Wiederherstellung von Gesundheit gebührt eine Würdigung. 
Damit verbunden ist vor allem die Zuversicht, dass alle jene, die es nie wieder machen wollten oder auch jene, die es noch nie gemacht haben – sich des Themas annehmen und es einfach ausprobieren. Es ist einen Versuch wert, auch wenn Sie das Thema schon abgehakt hatten.

Zum Thema Fasten gibt es unzählige Ratgeber: lange und kurze, sinnvolle und (wirklich) blödsinnige, langweilige und motivierende. Ungeachtet der Tatsache, dass sich viele Menschen mit diesem Thema beschäftigen und jedes Jahr immer wieder aufs Neue einen (leider häufig erfolglosen) Versuch einer Gewichtsnormalisierung starten, sagt die Statistik „Verblüffendes“:
in Deutschland sind gegenwärtig fast zwei Drittel der über 50-jährigen Männer und schon knapp die Hälfte der gleichaltrigen Frauen übergewichtig – bei den über 75-jährigen scheint es immer seltener „Normalgewichtige“ zu geben: das Übergewicht betrifft über 85% der Menschen.
Ist es da wirklich verwunderlich, dass in dieser Altersgruppe bei nahezu jedem Infekt schwerste Krankheitstzustände entstehen, die einer Intensivstation bedürfen?

Ein Blick in Statistiken ist zwar in der Regel erhellend, leider aber auch ernüchternd.
https://www.ifb-adipositas.de/adipositas/entwicklungen
Für wirkliche alle chronischen Erkrankungen
sind Übergewicht und Adipositas
die wichtigsten Risikofaktoren.

Vor 50 Jahren waren weniger als 25% in der deutschen Bevölkerung übergewichtig.
Adipositas als chronisches Krankheitsbild war im medizinischen Alltag eher selten.
Angesichts dieser Tatsachen und der mit Adipositas verbundenen Quälereien im Alltag lohnt sich die Beschäftigung mit dem Thema „Fasten als Heilmethode“ für nahezu jeden von uns.
Sicher, das klingt wieder nach „Angst machen“. (Im Übrigen: „Angst machen“ ist das ultimative Rezept, wenn ich erfolgreich Menschen was aufschwatzen und verkaufen will.)
Meine Absicht ist „Angst machen“ aber überhaupt nicht. Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass Sie selbst für die meisten Erkrankungen viel Wirkungsvolles tun können. Spezialisten in der Medizin sollen sich um die unlösbaren Fälle kümmern – die eher selten sind.

Eine akzeptable Annäherung an das Thema „Fasten“ findet sich bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Fasten
„Das germanische Wort Fasten kommt als christlicher Begriff vom althochdeutschen fastén, das ursprünglich bedeutet (an den Geboten der Enthaltsamkeit) festhalten, wobei die gebotene Enthaltsamkeit als Fest-Sein gedacht wurde. <…> aus dem Gotischen kennt man auch fastan, was etwa (fest)haltenstreng beobachtenbewachen heißt“.

In anderer Lesart würde ich das für unseren heutigen Alltag etwa so umformulieren: 
„Kümmere Dich (endlich einmal) um Dich selber.
Unterlass (wenigstens für eine kurze Zeit) die ständigen Vergleiche mit dem Lebensentwurf anderer Menschen. Beobachte Dich dabei, wie es Dir mit dieser Besinnung auf Dich selbst geht und entscheide, wie Du weiterleben willst.“

Mehr ist mit „Positive Wirkung des Fastens“ auch sicher nicht gemeint: die Verbesserung der eigenen Befindlichkeit – körperlich, geistig und seelisch.
Es lohnt sich also auf jeden Fall ein Versuch des Fastens, wenn man den Verlauf des eigenen Lebens nicht nur von anderen Menschen, Stimmungen, selbsternannten Spezialisten, dem aktuellen Gesellschaftsentwürfen und den täglich auf uns einprasselnden Manipulationen des „must have“ abhängig machen will – wie das Video hier unten (leider) eindrucksvoll zeigt.

Ich hätte gern, dass diese kurze Video ein Trailer für einen mittelmäßig schlechten „Sciencefiction-Film“ ist. Es ist leider (schon) die platte Realität unseres Alltags.
Selbstermächtigung durch eigenes(!) Denken und Handeln ist die einzige Lösung.

Doch zurück zur Medizin und zum Fasten.

Fasten, also (erst einmal) wenig oder nichts essen, ist im Grunde genommen ein evolutionär-biologisches Phänomen: schon für unsere Vorfahren von vor zehntausenden von Jahren gab es im Winter wenig oder nichts zu beißen. Dieser unveränderbaren Umweltbedingung haben sich die biologischen Regelkreise aller Lebewesen, so auch die des Menschen, angepasst.
Da die Natur stets pragmatisch, ressourcen-und energiesparend und effizient handelt, nutzt der Organismus diese „magere“ Zeit. In Ermangelung einer regulären Tagesaufgabe – von außen zugeführte Nahrung zu verarbeiten – nutzt der Organismus die Zeit und räumt im Inneren auf.
Das Sinnvolle, was der Organismus in einer solchen Situation macht, sind folgende Dinge:

  • eingelagerte Schadstoffe und Gifte aus den im Körperdepots freisetzen.
  • sie in die „Biotransformation“ einschleusen (die Stoffe „weniger giftig“ machen).
  • und dann diese ungiftigen Stoffe über Niere, Darm und Lunge komplett ausscheiden.

Und da man auch zum Aufräumen „Energie“ braucht, wird für die Gewinnung der nötigen Energie eingelagerte Substanz abgebaut: die „Triglyzeride“ aus den Fettzellen baut die Leber zu Glukose um, die dann jede Zelle zur Regeneration verbrauchter Energie nutzt.
Die grandiose Folge dieses regelrecht trickreich erzwungenen Frühjahrsputzes ist dann: Gewichtsreduktion bei gleichzeitiger Entgiftung und Entschlackung.

Jetzt sehe ich einen erheblichen Teil der Kollegenschaft die Stirn in Falten legen und schmunzeln, höre sie stöhnen und lästern: „Es gibt im Körper keine Schlacken!“. 
Eine solche Vorstellung ist wissenschaftlich in Studien nicht erwiesen und („somit“: sicc!) nicht haltbar und kompletter naturwissenschaftlicher Blödsinn.
Ich bin es leid, mich mit gefühltem Wissen in der durchschnittlichen Kollegenschaft auseinanderzusetzen, für die Biochemie und Physiologie eine Ewigkeit her ist.
Nur so viel zum mal Nach-und Weiterdenken: wenn jemand wirkungsvoll fastet, dann wird diese Person nach spätestens drei Tagen eine Zumutung für das gesamte soziale Umfeld: der Schweiß stinkt wie die Luft in einer Nerzfarm, der Stuhl hat einen Geruch, dass im Bad die Wandfließen Blasen schlagen und der Geruch der Ausatemluft nimmt anderen die Luft.
Wie kann das sein, wenn keine Gifte ausgeschieden werden können, weil es die nicht gibt?
Wenn jemand an einer wissenschaftlichen Aufklärung der „Schlacken-Problematik“ interessiert ist, dann habe ich ein Angebot: schreiben Sie sich in eines meiner künftigen Seminare, Vorträge oder Workshops ein, in denen diese Fragen seriös, für jeden verständlich, aber vor allem wissenschaftlich korrekt erhellt werden. Ab April 2021 veröffentlichte ich einen Kalender, dem Sie diese Veranstaltungen entnehmen können.

Zurück zu Thema Fasten.
Fasten nutzt der Köper für Frühjahrsputz, für das „Ordnung schaffen im Inneren“.
(In der Grundlagenforschung kennt man dieses Phänomen auch von jeder Zelle; man nennt es „Autophagie“ – und für die Entdeckung dieses Phänomens hat es sogar schon einen Nobelpreis gegeben.)
Das Interessante am „im Inneren Ordnung schaffen“ ist, dass sich die positiven Effekte nicht nur in der Normalisierung des Körpergewichts zeigen. Der gesamte körperliche, geistige und seelische Zustand des Organismus bessert, normalisiert sich. Menschen, die sinnvoll gefastet haben, sind danach körperlich fitter, schlafen besser, sind entspannter im Alltag, können konzentrierter und effektiver ihre Tagesaufgaben erledigen. Je wirkungsvoller das Fasten gestaltete wurde, umso dauerhafter und nachhaltiger sind die Effekte. Menschen mit Beschwerden erfahren eine Besserung der Symptomatik. Bei chronischen Erkrankungen bessern sich die „Werte“, so dass man sogar Schritt für Schritt über eine Verringerung der Dosierung der Medikamente nachdenken kann.
Und für alle besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sogar Sexleben wieder was Erbauliches hat.
Insofern ist eigentlich gar nicht eizusehen, weshalb es nicht einen Versuch wert ist: Fasten.

Fasten ist schon sehr lange in der Alternativmedizin bekannt.
Ob ayurvedische Heilkunde, die Traditionelle Chinesische Medizin oder die europäische Naturheilkunde – in allen Therapiesystemen weiß man von der sinnvollen und nachhaltigen Wirkung einer Fastenperiode. Es gibt sogar Vertreter der Alternativmedizin, die jede Art der Behandlung eines chronischen Leidens mit einem Fastenregime beginnen. Sie wissen aus Erfahrung, dass die Wirkung von Naturheilverfahren nach Fasten wesentlich effektiver und langanhaltender ist.

Aber auch Kollegen, die konventionell-medizinisch denken und handeln, entdecken in immer zunehmenderem Maß die wirkungsvolle und nachhaltige Potenz des Fastens
Ich habe Ihnen eine Studie zum Fasten verlinkt, die unter Beteiligung einer Forschergruppe der Charité mit über tausend Probanden durchgeführt wurde:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6314618/
Darüber hinaus gibt es ermutigende Studien zum Fasten bei Krebserkrankungen.
Es hat sich herausgestellt, dass Krebspatienten, die unmittelbar vor der Chemotherapie gefastet haben, die Chemotherapie besser vertragen haben. (Diese Beobachtung bei Krebspatienten belegt im übrigen nicht nur die Sinnfälligkeit des Fastens, sondern ist auch ein unumstößlicher, wissenschaftlicher Beleg dafür, dass der Köper sehr wohl „Schlacken“ einlagert.)

Es ist also wirklich an der Zeit,
sich einmal auf Fasten einzulassen – egal, wie intensiv.

Sie sind neugierig geworden?

Dann lade ich Sie zum Weiterlesen ein.
Den nächsten Text „Fasten: Teil 2“ im „Wissenschaftlichen Tagebuch“ veröffentliche am 14. März als

Vorschlag für eine Fastenkur

Gern können Sie ins Kommentarfeld zu diesem Text ihre Meinung, Erfahrung oder auch Fragen schreiben. Es sind für mich willkommene Anregungen für neue Texte, Vorträge, Seminare.

Dr. med. Ralf Hilbert

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